Die Weihnachtsferien sind vorbei, es gibt keine Schokoladenweihnachtsmänner mehr aufs morgendliche Brot, der Weihnachtsbaum hat den Schreibtisch zugunsten des Laptops räumen müssen.
Kein Zweifel, die Zeit der Ausnahmen ist vorbei, auch die Etüden finden wieder nach altvertrauten Regeln statt: Drei Wörter in höchstens zehn Sätzen. Mitmachen dürfen übrigens alle, die Lust haben, mit oder ohne eigenen Blog.
Die ersten Wörte für 2018 spendete die Etüdenhüterin Christiane höchstselbst
Bürde
schieben
speckig
Die Illustration wie immer der Etüdenerfinder Ludwig Zeidler.
Ja, er ist eine Bürde.
An meinem 26. Geburtstag lag er beim Aufwachen neben mir auf dem Kissen, ich war verdutzt, erschreckt, verstört, versuchte ihn vorsichtig aus dem Bett zu schieben.
Er fiel hinaus, sprang sofort wieder hinein und glotzte mir in die Seele.
Ich scheuchte, ich klatschte, ich schrie, trat sogar zu, kaufte einen Käfig, konnte ihn doch schließlich nicht mit zur Arbeit nehmen, doch kaum saß er im Käfig, winselte er wie gepeinigt und mich durchzog ein unerträglicher Schmerz.
In den Jahren, in denen ich ihn bekämpfte, magerte er stark ab, mittlerweile ist er ganz schön speckig geworden und ich mit ihm.
Im Supermarkt, beim Arzt, in der Kirche, vom Schwimmbad gar nicht zu reden — immer gibt es Endlosdiskussionen, inzwischen verberge ich ihn meist in einer Tasche, das ruiniert mir den Rücken, er ist schließlich kein Kaninchen.
Jedem potentiellen Partner wurde seine permanente Anwesenheit zuviel, keiner glaubte, dass ich mich im wahrsten Sinne des Wortes nicht von ihm trennen konnte, sein intensives Starren beim Versuch Sex zu haben, schug die Verliebtesten in die Flucht.
Meine Arbeit als Krankenschwester verlor ich natürlich auch, als Gärtnerin ging es ganz gut mit ihm und nun als Autorin verschafft er mir mehr Reputation als meine Werke.
Morgen werde ich 52 und meine einzige Sorge ist, der Hase könnte nach 26 Jahren genauso wieder aus meinem Leben verschwinden wie er kam.
Auch wenn er eine Bürde ist.
ein Hase! das also ist des Pudels Kern….
Tolle Geschichte mal wieder, großartig erzählt.
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An alles hätte ich gedacht, aber nicht an einen 26-jährigen Hasen 😉
Danke!
Liebe Grüße
Christiane
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So alt werden die? Unglaublich und der Protagonist einer bezaubernden Lebensbeichte 🙂 .
Liebe Grüße zum Sonntag,
Anna-Lena
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Liebe Anna-Lena,
jetzt habe ich glatt nachgeschaut: Die maximale Lebenserwartung eines Feldhasen( es handelt sich defintiv nicht um ein Kaninchen) beträgt 12, 5 Jahre.
Aber dieser Hase wurde garantiert nicht in einer Sasse auf freiem Feld geboren, der stammt woanders her.
Er hat mit einem Hasen soviel gemein wie ein Mensch mit einem … hm … Engel? Fee?
Des „Pudels Kern“ ist er eher nicht , obwohl es seiner unfreiwilligen Gastgeberin bestimmt anfangs so vorkam.
Liebe Grüße
Natalie
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🙂 Hab lieben Dank für deine überzeugende Erklärung und sei herzlich gegrüßt!
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