Wieder beschreibt und sammelt das bezaubernde Fräulein Read On Geruchseindrücke des vergangenen Monats.
Am besten lesen und schnuppern Sie dort selbst.
Und so roch es hier:
Der November riecht nach geschlossenen Fenstern, nach Heizung riecht er und der ungelöstenFrage, wieviel Heizung ist für das Klima zuviel, wie wenig für die Bewohner zuwenig?
Nach widerwillig im Keller trocknender Wäsche riecht es und Bebecreme auf heizungstrockener Kinderhaut. Die Winterjacke riecht nach getrocknetem Lavendel, mit dem verbrachte sie sie den Sommer. Gewaschen hatte ich sie wohl nicht, denn in der Tasche finde ich ein Osterei, Ostern lag ja Schnee, da hatten wir noch keine Ahnung von dem Sommer, der nun hinter uns liegt. Heiß, trocken, verstörend.
Der November riecht nach Kokeleien in der salatschüsselgroßen Feuerschale, dem derzeitigen Lieblinsbeschäftigung der Gartenkinder.
Nach Sirup und Zitrone für den Braune-Kuchen-Teig riecht es im November, denn der muss lange ruhen, ehe er zu Plätzchen verbacken wird, nach Quittengelee duftet es und trocknendem Quittenbrot, nach letzten Äpfeln und ersten Mandarinen.
Noch duften die Bienenstöcke, noch fliegen Bienen unermüdlich ein und aus, mit Pollen beladen, was heißt, dass sie noch Brut großziehen. Am liebsten hinge ich ihnen einen Kalender in den Stock: Mäßigt euch, der Winter kommt. Werden sie das Frühjahr erleben, wird es wieder duften nach Honig, Holz und Biene?
Nach einer nicht beachteten Schüssel Chips roch es, als eine Ärztin und vier Krankenschwestern auf dem EKG-Monitor das Sterben eines Neugeborenen verfolgten, das Sterben einen Raum weiter, behütet von einer Kollegin und seiner Familie. „Fies hier einfach so zu stehen“, sagt eine, beschämt fühlen sich alle, aber den Blick abwenden geht nicht. Einfach weitermachen röche nicht minder beschämend, wenigstens greift keine in die Schüssel, zu obzön wäre der Chipsgeruch.
Mein November roch nach zu viel verstohlen gegessener Schokolade.
Ganz am Ende roch der November nach Schnee, aber dieses Versprechen löste er nicht mehr ein.
Der November riecht nach der Zerbrechlichkeit des Lebens.
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Riecht nicht das ganze Jahr nach der Zerbrechlichkeit des Lebens …..
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Lieber Myriade,
Das Leben kann jederzeit zerbrechen oder langsam dahinschwinden – zweifellos, standen wir doch erst an einem strahlenden Septembertag am Grab einer Sechzehnjährigen.
Aber im November hat für mich diese Gefährdung eine höhere Präsenz, wenn ich den letzten Zugvögeln nachsehe, der Igel verschwindet,wenn ich die Bienen ein letztes Mal sehe und weiß, wenn jetzt ihre Vorräte nicht reichen, kann ich ihnen nicht mehr wirklich helfen. Wenn ich meine älteste Henne in der Hand halte, ihr hervorstehendes Brustbein taste und weiß, für diesen Winter hat sie vermutlich keine Reserven mehr, ja ein altes Huhn riecht tatsächlich ganz besonders, wie auch ein greiser Mensch.
Die Obdachlose im Park riecht um diese Zeit auch strenger und ich lege ihr noch einmal nahe für den Winter eine Unterkunft aufzusuchen, schon sind in Hamburg Menschen erfroren.
Post erreicht mich, um Spenden heischend, denn in Flüchtlingslagern im Libanon und anderswo wird es kalt, eine Kälte die die Alten, die Kranken und die ganz Kleinen hinwegrafft.
Für uns beide, beheizt, mit Funktionskleidung und Importgemüse versorgt und gegen Grippe geimpft hat das Nahen des Winters seinen Schrecken verloren. Das ist ein Privileg.
Das andere ist die Angst, die nach mir greift, nachdem ich diesen Sommer hier in unserem Garten wie nie zuvor das Schwinden der Natur nachvollziehen konnte: Kaum Libellen, Fledermäuse, Mauersegler, so gut wie keine Schmetterlinge. Ich rieche den Wintergarten und frage mich wie wird der Sommergarten sein.
Liebe Grüße und danke fürs Nachdenklichmachen
Natalie
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Nichts ist so schwer zu ertragen wie die Vergänglichkeit von allem und allen. Trotzdem gäbe es uns alle nicht, wenn wir nicht auf Jahrmillionen Sterblichkeit stehen würden
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Ganz bestimmt.
Und zu manchen Zeiten rieche ich das mehr und zu anderen weniger.
Dir alles Gute!
Natalie
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Die Zerbrechlichkeit des Lebens…. sie kriegt uns immer, im matten Noevember wie im schneefunkelnden Februar oder an einem überheissen Juli. Regennasse Grüße vom Rhen. Eva
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Liebe Eva, bin in Ihrem Garten gewesen, die Gedichte gehen zu Herzen, besonders das über den dürstenden Fluss – aber mein Kommentar wurde nicht zugelassen, was seltsam ist, ich habe dort doch schon kommentiert…wie auch immer noch einemal herzlichste Grüße
Natalie
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Liebe Eva,
Die Antwort, warum für mich dieser Satz trotzdem stimmt, habe ich oben gegeben.
Ich habe mich sehr gefreut wieder Besuch aus dem Garten zu haben und war schon zu einem kurzen Gegenbesuch da.
Da blühen schöne Texte, die ich mir noch mit Muße ansehen werde.
Herzlichst
Natalie
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Liebe Natalie, ich weiss nicht weshalb die Komentare manchmal gefressen werden, Myriade klagte darüber letztes Jahr auch mal. Das Dings ist eigensinnig, ich kann nichts dafür, ich freue mich über Besuche und komme gerne zu Besuch hierher zum Nest. Manchmal spielen wordpress und blogspot Kommentarefressen. tststs. Herzlichen Nachtgruß, Eva
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Auf jeden Fall werden Blogspot/Wordpressquerelen mich nicht vom Lesen in Ihrem schönen Garten abhalten!
Natalie
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