Weltenwanderer Teil 1 (ABC-Etüde mit Verspätung)

Kaum nimmt die Frau Fundevogel sich vor ihren Alltag etwas gelassener anzugehen, ist sie auch schon im Verzug. Weihnachtsgeschenke, Onlinepflichtfortbildungen, Vorbereitungen für dieses und für jenes … Die Etüden zwicken da noch am wenigsten, außerdem hatte ich mir ja einiges anderes von der Seele geschrieben.

Aber trüb ist es so etüdenlos. Gar zu trüb.

Nun habe ich mich von der bisher argwöhnisch beäugten Mode zur Fortsetzungetüde mitreißen lassen. Vorher zog ich immer etwas puristisch die Augenbrauen hoch: Fällt das noch unter Miniaturen?

Können wir diskutieren. Ich probiere es jetzt zu Weihnachten einfach aus und frage mich selbst, wo die aberwitzige Geschichte hinführen wird, die ich um

Yvonnes Wortspende vom 18.November (bringe ich jetzt Christianes Statistik durcheinander?)

Raureif

sündig

verrücken

gesponnen habe.

Der guten Christiane wie immer Dank für Organisation, Beheimaten, Bild und Herzblut.

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Im Nebel liegt die Ferne, der Raureif liegt zu meinen kalten Füßen, zartes Geschmeide jedes Blatt und jeder Halm, wie Weihnachtsschmuck die letzen tapferen Hagebutten.

Peregrin hängt schwer an mir, doch mäkeln sie, das Soll sei lange nicht erreicht, da faseln welche ihm einen Schlauch in den Bauch zu bohren, die haben sie doch längst nicht mehr alle. Nichts sollen muss mein Peregrin, mein Weltenwanderer, mein Falkenkind.

Bei der Mutter-Kind-Weihnachtsfeier sollten wir jetzt sein. Keine makelfreien Raureifhagebutten leuchten da, nur billiger Plastikmüll durch Ausbeutung erschaffen auf der anderen Seite der Welt. In diese Anstalt konnten sie uns zwingen mit der Drohung uns zu trennen. Früher hieß das sündiger Lebenswandel, heute haben sie es unbenannt in Kindswohlgefährdung. Nur zwingen, das tun sie dich immer.

Zuverlässig wärmt die Anstaltsheizung und die Frau Heitmann ist eine Nette, habe ihr geholfen sämtliche Tische im Gemeinschaftsraum für die Feier zu verrücken und ihr dann gesagt, der Peregrin, der hat doch noch Physio, dann noch Weihnachts-Tand, das ist zuviel. Ihm, nur ihm, dürfen Aktionen für die Gemeinschaft zuviel sein.

Aus dem Ungewissen steigt mein Zirkuswagen, mein Zuhause, das keines sein darf, wenn man dem Jugendamt gehört.

Dürfen wir im Frühjahr wohl heim? Gegenstand vieler Diskussionen, schätze ich, die Entscheidung wird gefällt werden und ich werde mich fügen müssen für meinen Weltenwanderer.

Die Öfen der anderen Wägen qualmen, Feinstaub ist verboten für Peregin. Ruben und Alice sägen Holz, stoßen Atemwolken aus und nicken mir zu, kein Willkommensjauchzen, lästig bin ich geworden. Fremd war ich immer.

Mein Wagen riecht nach Verlorensein, Peregrin räkelt sich und scheint sich zu freuen, ich zucke zusammen, nicht seiner seltenen Freude wegen , sondern da hockt was auf unserem nach Moder und Leere müffelnden Bett.

Nicht Katze, nicht Hund, weder Ratte noch Waschbär.

Zotteltier.

Hat Fangzähne, mindestens drei Zentimeter lang.

Schreit „Huuuunger“

Peregrin lacht.

Teil 2

Teil 3


Peregrins Mutter war im März schon einmal Hauptfigur einer Etüde, seitdem hängt sie hier rum und will mehr, sehr viel mehr als ich zurzeit aufschreiben kann. Das Zotteltier ist im Nest auch eine alte Bekannte und taucht hier fast jedes Weihnachtsfest auf, auf dem Blog hat es sein Debüt, ich bitte um etwas Geduld.

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10 Gedanken zu “Weltenwanderer Teil 1 (ABC-Etüde mit Verspätung)

  1. puzzleblume Dezember 16, 2018 / 9:10 am

    Trotz der Kürze intensiv ergreifend und grossartig, nicht nur wegen des Erfüllens der Etüde, an der ich mich nicht beiteilige, aber schon einige gelesen habe, sondern auch wegen der Eigenständigkeit und dem Spürenlassen von Nähe einer mir persönlich fremden Lebensart. Gerade der sonst so religiös konnotierten „Sünde“ bin ich inzwischen mehr als nur müde, gerade in diesen so verweihräucherten Wochen, da ist deine beinahe beiläufige, und viel realistischere Einbettung wie eine Erlösung vom Unwohlsein, dass mich speziell der Artikel diesen Themas schon im Vorhinein juckt.

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    • fundevogelnest Dezember 16, 2018 / 10:03 pm

      Es gab hat halt Zeiten und die sind gar nicht so lange her, da wurde die Geburt eines unehelich empfangenen Kindes als Sünde befunden bzw. als Beleg für den sündigen Sex.
      In jenen Zeiten hätte ich vielleicht Angst haben müssen, dass das Jugendamt mir mein allein schwanger ausgetragenes Kind nimmt, heute vertrauen sie mir noch zwei weitere an.
      Sünde ist ein ausgesprochen unscharfer Begriff.

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      • Mrs Postman Dezember 17, 2018 / 12:27 am

        Ich – das heißt, mein Kind – hatte auch noch einen Vormund vom Jugendamt, weil ich mein Kind 24 jährig unehrlich geboren hatte. Das war 1991. Ich hab das damals nicht hinterfragt, hab diesen Vormund weder je gesehen, von ihm gehört oder gelesen außer in dem Schreiben, dass es ihn eben gibt. Irgendwann kam ein weiteres Schreiben, dass mein Kind nun keinen Vormund mehr hätte. Zu welchem Zeitpunkt das geschehen ist, weiß ich nicht mehr. Ebensowenig wie ich weiß, welche Befugnisse dieser Vormund ggf gehabt hätte.

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        • fundevogelnest Dezember 17, 2018 / 10:15 am

          Beim Lesen deiner Zeilen erinnere ich mich: Für meinen 1995 geborenen Sohn wurde auch ein Amtsvormund eingesetzt. Mir war das recht gruselig, obwohl er angeblich nur für Unterhaltsdinge zuständig sein sollte.
          Ich stellte einen Antrag beim Gericht auf Aufhebung dieser Amtsvormundschaft, dem problemlos stattgegeben wurde. Relativ kurz danach wurde diese Regelung als nicht mehr zeitgemäß abgeschafft, da hast du vermutlich das Schreiben erhalten.
          Liebe Grüße
          Natalie

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  2. Christiane Dezember 16, 2018 / 10:00 am

    Deine Etüden in ihrer zarten sperrigen Schönheit sind immer willkommen, egal, wann du sie präsentierst. Die Statistik wird geändert und die Liste ergänzt. So einfach ist das.
    Ich wünsche dir gemütliche Muße und (nicht nur) einen schönen Sonntag!
    Liebe Grüße
    Christiane

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    • fundevogelnest Dezember 16, 2018 / 10:07 pm

      Danke, zart sperrige Schönheit ist ein so schönes Lob, dass ich es schon den ganzen Tag wie eine kleine Heizung mit mir rumtrage.
      Hoffe du hattest auch einen schönen Sonntag, wir hatten es wirklich adventlich, Braune Kuchen gebacken und die ganz große Weihnachtsdekoguckrunde, sogar mit ein bisschen echtem Schnee…

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      • Christiane Dezember 16, 2018 / 10:12 pm

        Apfelbrot, Kirchweihfest in der Gemeinde und auch ein bisschen Schneegekrümel … ja, sehr schön, danke! 🙂

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