Wie zu Beginn eines jeden Monats interessiert sich Ulli Gau vom wunderbaren Café Weltenall für unseren Alltag.
Wer dem Link folgt, wird einen ganzen Strauß unterschiedlichster Alltage finden!
Vielen Dank für dieses inspirierende Projekt!
Darf ich vorstellen?
Der Herr links im Bild heißt Kasimir, der kleine grüne Frippe.
(Wer die liebenswerten namensgebenden Biber von Lars Klinting nicht kennt, kann hier einen Blick auf sie werfen).
Heute aber geht es um die namenlose rote Stange, die die beiden miteinander verbindet.
Erfunden wurde sie, um Kinder mit auf Radtouren zu nehmen, die eigentlich zu weit für sie sind. Das müde gestranpelte Kind kann sich dann ziehen lassen. Dem Kleinen Fundevogel ermöglicht sie überhaupt am Straßenverkehr teilzunehmen, er würde nämlich sonst ungebremst über Kreuzungen brettern, frontal Kinderwägen, Rollatoren und Hunde rammen.
Das erste in der Nachbarschaft geerbete Kinderrad ging unter den gewaltigen Hebelkräften der Stange schlichterdings in die Knie. Auch auf Frippes kräftigem Rücken ist allerhand möglich, von der unerwarteten Vollbremsung, über allerlei Kunststücke während der Fahrt bis hin zum Absteigen, weil wir gerade an einem Geschäft mit elektrischer Schiebetür vorbeifahren …
Im Internet suche ich nach noch geeigneteren fahrbaren Untersätzen für uns und zwar nach welchen, die ich ohne Herkuleskräfte täglich die Kellertreppe hoch und runter tragen kann.
Aber immerhin kommen seit gut zwei Monaten heil in den Kindergarten und wo wir sonst so hinwollen oder müssen.
Diese Stange ist nur einer von den vielen kleinen technischen Tricks unseres Alltags. Denn lansam wächst meine innere Bereitschaft, die Tatsache anzunehmen, dass das mit der normalen Kinder- und Verkehrserziehung hier nicht läuft – obwohl das Kind körperlich fit und obendrein ziemlich pfiffig ist.
Manchmal möchte ich heulen darüber, das es fast nicht möglich ist, ohne Riesenkonflikt von A nach B zu kommen, sei zu Fuß, sei es mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln.. Sinnvoller als schreien und sich die Haare raufen scheint es, die Situation technisch zu überlisten.
Wie es sinnvoll ist, dass eine, deren Beine sie nicht mehr zuverlässig tragen wollen, einen Rollstuhl zur Hilfe nimmt.
Oder einer, der gehörlos ist, sich dolmetschen lässt.
Und manche zum Trinken einen Stohhalm brauchen, weshalb diese nicht gar zu leichtfertig zu entbehrlichem Plastikmüll erklärt werden sollten.
Vor der Fahrradstange hatten wir eine Leine, ja so ein Geschirr aus Kunstleder, wie es für die Kleinkinder meiner Generation noch gang und gäbe war – und was heute von vielen Passanten als eine Art Kindesmisshandlung interpretiert und liebend gern auch kommentiert wird.
Das viel geschmähte Geschirr emöglichte es dem Kleinen Fundevogel in dem Moment, da das Wegrennen unmöglich wurde, mit mir über den Markt zu laufenn, Gurken zu betrachten, Karpfen in Bottichen zu bestaunen und von der freundlichen Verkäuferin, deren eigene Kinder noch in der Babygeschirrzeit geboren worden waren, eine Möhre geschenkt zu bekommen.
Gäste im Nest mögen die vielen Schlösser und Schlüssel hier befremden, das seltsam gestellte und gepolsterte Bett, die Kabel in den Gartenschläuchen, das Spielzeug in der Stube statt im Kinderzimmer.
Nein, das hat alles keinen tieferen pädagogischen Sinn, es sind nur Versuche listig doch noch einen ganz normalen Alltag zu leben.
Häufig genug funktioniert es.
Ich freue mich immer über Likes und Kommentare zu meinen Texten, muss aber darauf hinweisen, dass WordPress.com – ohne dass ich daran etwas ändern könnte — E-Mail und IP-Adresse der Kommentierenden mir mitteilt und die Daten speichert, verarbeitet und an den Spamerkennungsdienst Akismet sendet. Ich selbst nutze die erhobenen Daten nicht (näheres unter Impressum und Datenschutz). Sollte das Löschen eines Kommentars im Nachhinein gewünscht werden, bitte eine Mail an fundevogelnest@posteo.de, meistens werde ich es innerhalb von 48 Stunden schaffen dieser Bitte nachzukommen.
Dein Alltag ist ein spezieller Alltag und ich freue mich aufrichtig, dass du bei meinem Projekt dabei bist. Wer solche besonderen Herausforderungen nicht kennt, und auch ich kenne sie nur sehr vom Rande her, öffnet dein Beitrag und die von dergl, aber auch die von Piri, die Augen, was auch Alltag heißt/ heißen kann.
Herzlichen Dank schreibt sich leicht, aber ich meine es genau so!
Liebe Grüße
Ulli
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Liebe Uli,
Jeder Alltag ist auf seine Weise speziell und hat vermutlich auch seine ganz eigenen Herausforderungen.
Gerade das macht dein Projekt so interessant und lesenswert.
(Ich muss in diesem Zusammenhang noch einmal an das Fräulein Read On denken, sie konnte so wunderbar über Alltägliches schreiben und schien dem keinen rechten Wert beimessen zu können. Auch ohne das ganze vermutlich ausgedachte Brimborium wäre ihr Blog kostbar und lesenswert gewesen).
Auch von mir ein Danke
Natalie
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Ein gut gemeisterter schwieriger Alltag muss oft auch sehr befriedigend sein und stolz machen können auf die eigene Leistung
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Ja, leider neige nicht nur ich dazu, das was läuft nicht ausreichend zu würdigen.
Wenn aber einem, wie vorhin, ein Fünfjähriger, den man bittet sich auf einen Stuhl zu setzen, diesen durch die Glastür wirft, ist das sehr viel eindrucksvoller und mich nervt, dass ich immer noch kein vernünftigen Alltagstrick für das Leben mit diesen – gemieteten – Glastüren gefunden habe…
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Oweh, dein Leben kommt mir aber alles andere als langweilig vor
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Heute war besonders großes Kino.
Das war zum Glück nicht ALLtäglich.
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Aufgrund meiner Einschränkungen habe ich auch so manche für Außenstehende merkwürdig erscheinende Hilfskonstruktion in meinem Alltag. Ich finde, erlaubt ist was hilft, denn Alltag ist sehr wichtig für die Seele.
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Liebe Viola,
Ich finde das weit mehr als nur „erlaubt“, Ich finde den Erfindungstreichtum, mit dem Menschen den unterschiedlichsten Widrigkeiten, seien sie nun Armut, körperlichen Einschränkungen oder was auch immer geschuldet, begegnen , immer wieder inspirierend.
Vielleicht stellst du uns ja auch mal ein paar deiner Tricks vor 😉
Liebe Grüße
Natalie
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