Schöne , beflügelnde Wörter schenkt Ulli Gau vom Café Weltenall dem Kreis der Etüdenverrückten:
Vogelflug
ängstlich
schwingen
sollen in einem höchstens 300 Wörter langen Text beliebigen Genres untergebracht werden.
Da war schnell eine Geschichte, eine Geschichte, die mir so lieb war und die sich gegen irgendetwas sträubte, bis ich schon fast verzweifelt war. Nun habe ich sie freigelassen, die Geschichte, vielleicht kommt sie irgendwann mit neuen Wörtern zurück. Stattdessen nun nur ein paar Gedanken zum letzten Oktobertag, diesem neuen schwierigen Feiertag, der ja nicht Halloween heißt.
Christiane gebührt wie immer der Dank für das Bereiten des Etüdenbodens, durch Organisation, liebevolles Begleiten und Illustration.
Rauhreifglitzermorgen. Jeder Halm, jedes Blatt gewandet wie zu einem Fest. Schwarz dagegen die Stängel der Dahlien und Gurken, die Tomatenpflanzen, was gestern noch bloße Drohung war, hat sie nächtens dahingerafft.
Der große Vogelflug, das Schwingen der Zugvogelschaukel scheint fast schon vorbei. Nur vereinzelt noch ziehen die unverwechselbaren, so seltsam anrührenden Schreie den Blick an den Himmel, zwingen einen nachzuschauen den unverwechselbaren Graugansformationen, säen Wehmut ins Herz. Letzte Kraniche machen sich auf den Weg.
Die Langstreckenzieher sind längst davon. Wenn Kuckuck, Storch und Mauersegler auf die Reise gehen, scheint der Sommer noch unbesiegebar. Ihr Abschied wispert davon niemals dem Trugbild des ewigen Sommers auf den Leim zu gehen.
Verkleideten Kinder, manche bunt wie die Meisen am Futterhaus, manche supermarkteintönig gewandet, gehen die Verse nur stockend über die Lippen, wenn sie überhaupt welche kennen. Die Kleinen jubeln, wenn es ihnen gelingt, die Erwachsenen zu erschrecken. Große stecken lässig billigen Naschkram ein, danke sagen sie alle. Nur der Kleinste, der sein Gedicht fehlerfrei lispelt, versteckt sich am Ende überwältigt hinter dem großen Bruder.
Vielleicht ist er als Einziger ein wenig ängstlich in dieser leichtfertigen, vergnüglichen Nacht, deren Bräuche aus Angst geboren wurden, damals als Menschen wussten, was sie an Ernte eingebracht hatten, musste genügen, egal wieviel oder wenig es war, die ahnten, dass die hustende Großmutter oder das demnächst geborene Baby es nicht leicht haben würden die Kälte, das Dunkel, den Hunger zu überleben.
Auch zentralbeheizt, in Funktionskleidung gehüllt und mit Importgemüse genährt ist niemand ganz gefeit gegen Wintergespenster. Die bange Frage, werden die Vögel wiederkehren, deren Heim wir Menschen gar schändlich behandeln. Wie wird die nächste Ernte werden in dieser sich ändernden Welt? Trotzig ist das Lachen seit Menschgedenken. Ins Angesicht der Wintergespenster rufen sie, auch ewiger Winter sei ein Trugbild, beharren störrisch, dass die Zugvogelschaukel weiter schwingen wird. Immerdar.
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wie schön gesagt
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Danke.
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Wie recht du hast. Ich kann mich noch gut erinnern an die Zeit, als meine Eltern und Großeltern im Spätherbst mit besorgten Stimmen sich und uns trösteten, dass wir „bisher noch jeden Winter überlebt“ hätten. Es klang nicht nur aufmunternd. Denn DIESEN Winter hatten wir ja noch vor uns. Und nein, wir wissen auch heute nicht, ob wir ihn überleben werden. So wenig übrigens wie den Frühling, den Sommer und den Herbst, die auch ihre (jeweils anderen) jahreszeitlich Risiken mit sich bringen. Überschwemmungen. Stürme. Dürre. Alles kann tödlich sein, auch im Hier und Jetzt, aber im Dort und Damals war es trotzdem irgendwie hautnäher. Mit zeitweise zwei Überschwemmungen pro Jahr. Dem allsommerlich austrocknenden Trinkwasserbrunnen im eigenen Keller. Den leeren Läden und kalt bleibenden Wohnungen im Winter. Und der gefühlten Unmöglichkeit, den Zugvögeln gleich in andere Regionen abzuwandern. Nicht alles ist seither schlechter geworden.
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Fundamentale Fortschrittskritik ist auch mir immer suspekt, schon allein deshalb, weil ich in jenen Vorzeiten vermutlich weder meine eigene Geburt noch die meines Kindes überlebt hätte und mir all diese Gedanken gar nicht machen könnte.
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Immerdar. Möge es so bleiben, mögen die, die dafür etwas können, Vernunft annehmen.
Es ist eine besondere Zeit, jetzt. Komm gut in deinen November!
Liebe Grüße
Christiane, die den Vorwinter liebt
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Immerdar ist ein schönes Wort, nicht wahr?
Ich nun ja, ich gebe mir Mühe dieser Jahreszeit etwas abzugewinnen, aber eigentlich ist mir kalt.
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Habe Gestern versucht regionalen Kürbis zu kaufen und bin kläglich gescheitert. Habe dann gegoogelt und jetzt bringt mir jm einen vom Dorf mit. Irgendwie ist das absurd. Wir leben so vollkommen ab von dem wie es sein müsste.
Sehr nachdenklich stimmende Etüde.
Grüße, Katharina
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Kein Wochenmarkt in Reichweite?
Dort gibt es doch immer recht vieles aus regionalem Anbau.
Wir haben dieses Jahr im Schrebergarten ein 19kg Exemplar geerntet. Das musste aber schon zu Erntedank dann glauben.
Und da ein angeschnittener Kürbis sich ja nicht gut hält, durften alle Lieben um uns herum Regionalkürbis essen, 😉
Eine gewisse Dankbarkeit für Import-und Treibhaus gemüse kann ich aber bei aller Regionalanbauerei nicht vehehlen.
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Trotzig ist das Lachen seit Menschengefenken diesen Satz werde ich eine Weile mit mir herumtragen
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Viel Fortschritt entsteht aus der Weigerung sich nicht Abfinden zu Wollen mit den Bedrohungen des Lebens.
(Dazu kommt der Fortschritt der geboren wird aus dem Verlangen das Leben anderer zumindest zu bedrohen, wenn nicht gleich überaus effektiv zu beenden)
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Hmm, da kenne ich mich jetzt nicht ganz aus. Dass aus dem nicht-Abfinden-Wollen Gutes entstehen kann, sehe ich auch. Aber das Verlangen das Leben anderer zu beenden, sehe ich eigentlich nicht als Grundlage für irgendeinen Fortschritt. Da verstehe ich nicht, was du meinst
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Ich meinte alle Erfindungen , die zur Kriegsführung getätigt wurden.
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Aha, ja da ist sehr viel Know-how hineingeflossen, was man in der selben Zeit nicht alles sonst hätte erfinden können …
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