Gedenktaggedanken

Name: Trinity
Datum: 1.Juli 1945
Ort: Nevada Desert

Name: Little Boy
Datum: 6.August 1945
Ort: Japan

Name: Fat Man
Datum: 9.August 1945
Ort: Japan

So beginnt eine hunderte Posten umfassende Liste, die in Las Vegas im Informationszentrum der nahe gelegenen Nevada Test Site, bis 1992 nationales Atomwaffentestgelände der USA, hängt oder zumindest 1989 hing. Zu Name, Zeit und Ort, kam jeweils noch die „Sprengkraft“ in TNT, die ich aber nicht mehr erinnere, ich weiß nur noch, dass sie im Lauf der Liste um mehrere hundert Prozent anstieg.

Es ist die Liste aller bis dahin durchgeführten US- Atomwaffentests.

Ein Zynismus, der mir den Boden in dem eiskalt klimatisierten, düsteren Gebäude den Boden unter den Füßen wegzog und meine Sicht auf die Welt bis heute mitbestimmt.

Erfolgreicher Test, könnte man kaltschnäuzig sagen, etwa 80.000 Tote auf einen Schlag im verheerenden Feuersturm von Hiroshima und 22.000 in Nagasaki, dort traf das Inferno viele koranische Kriegsgefangene, die in den Mitsubishiwerken Zwangsarbeit für die japanische Kriegsindustrie leisteten. Und hunderttausende, die an den Spätfolgen litten und starben.

Das Leiden der Menschen in Hiroshima und Nagasaki ist vielfach dokumentiert und beschrieben worden. Und bleibt doch letztlich unfassbar.

Es folgte die japanische Kapitulation, das Ende des Zweiten Weltkrieges.

Die Rechtfertigung.

Der grausame Krieg im Pazifik hätte im Endeffekt mehr Tote gefordert.

Heißt es.

Vermutlich eher Militärs als Zivilisten.

Andere, die zu Frieden und Politik forschen, sagen, dass die Kapitulation höchstwahrscheinlich sowieso bald erfolgt wäre, spätestens aber nach dem Abwurf der Uranbombe auf Hiroshima. Die Nagasakibombe war keine Uran- sondern eine Plutoniumbombe. Und da erschließt sich das Wort Test. Sie musste halt auch noch ausprobiert werden, möglichst ehe der Krieg zu Ende war.

Dann war das Atomwaffenarsenal erst mal leer.

Und das Grauen so nachhaltig, dass seitdem keine Atombomben mehr in Kriegen zum Einsatz kamen, heute scheint es wahrscheinlicher, dass die Menschheit sich mittels Klimawandel zugrunde richtet.

Dennoch forderte die Weiterentwicklung dieser Waffen noch viel Leid und Tod in den Testgebieten nicht nur auf der Nevada Test Site, die eigentlich das Land der Western Shoshonee ist, die niemals ihr Einverständnis zu dieser Nutzung gaben. Verseucht wurden die Marshallinseln im Südpazifik, Gebiete im kasachischen Semipalatinsk, wo die Sowjetunion ihre Bomben testen ließ, genau wie auf der Nordmeerinsel Novaja Semlja. Frankreich testete in der algerischen Wüste und auf den Südseeatollen Muroroa und Fangataufa, die VR China auf uigurischem Land in der Wüstengegend Lop Nor.

Immer waren es dünn besiedelte Gegenden, den Menschen wurde das Land in kolonialer Manier genommen und sie wurden des militärischen Geheimnisses wegen oft Jahrzehnte lang belogen, über das was ihr Leben, ihre Tiere, ihr Land bedrohte.

National Sacrificed Areas,nationale Opfergebiete – auch dieses Wort habe ich in diesem düsteren kleinen Informationszentrum gelernt.

75 Jahre nach dem Grauen von Hiroshima testen die offiziellen Atommächte keine Bomben mehr, haben aber ein Arsenal, das die Erde ein vielfaches Mal in die Luft jagen könnte, die USA planen die Modernisierung der im rheinland-pfälzischen Büchel gelagerten Bomben, neue Atommächte sind dazu gekommen, Indien, Pakistan, vielleicht Nordkorea, vielleicht Iran, vielleicht Israel…

Es gilt die Erinnerung an Hiroshima wach zu halten, damit ein letzter Rest Anstand und Vernunft diese Waffen nie zum Einsatz kommen lässt.

Damit die Menschheit sich endlich von diesen Waffen befreit.

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Eine Demonstration am Rande der Nevada Test Site, die Frau, die neben der rosa gekleideten Frau neben dem Transparent steht, bin ich. Die rosafarbene ist die Franziskanernonne Rosemary Lynch, in deren Kommunität ich zu Gast sein durfte. Sie ist schon lange tot, heute hätte ich gern mit ihr gesprochen.

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5 Gedanken zu “Gedenktaggedanken

  1. kommunikatz August 6, 2020 / 11:18 pm

    Danke für diesen wichtigen und sehr guten Beitrag! Ich hätte heute auch gern irgendetwas zu diesem Thema veröffentlicht – es wäre ja doch ein Stück weit mein Gebiet und fühlt sich auch ein bisschen verpflichtend an… aber mir fehlen Kraft und Muße, momentan toben an allen Fronten andere Themen, und Fronten finde ich ja eh schon von grundauf doof genug…

    Gefällt 3 Personen

    • fundevogelnest August 8, 2020 / 11:17 pm

      Irgendwie kommt mir das sehr bekannt vor, „mein“ Thema und doch so verstrickt in die Dinge hier.
      Es tut weh, aber es gibt nur ein Leben und der Tag hat nur 24 Stunden.

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  2. gkazakou August 7, 2020 / 12:04 am

    Dank auch von mir. Gerade hörte ich die Komposition Threnos (Trauer, 1960) des polnischen Komponisten Penderecki, der in diesem Jahr starb. Er widmete sie den Opfern von Hieroshima. https://youtu.be/Pu371CDZ0ws?t=2

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