Machst du mit bei der Gründonnerstagsnacht?, fragte Jadwiga sie und sie wusste gar nichts darauf zu antworten.
Gründonnerstag, das Wort hatte sie immer geliebt, grün wie die ersten Birkenblätter, violett wie Lerchensporn, hatte gehört, dass es bei manchen Leuten da Spinat zu Mittag gab.
Aber was war mit der Nacht?
Der Abend war apriliger wie er nicht hätte sein können, ein sanfter Regen fiel und um die kleine katholische Kirche am Stadtrand herum lugten Buschwindröschen und Scharbockskraut unter blühenden Felsenbirnen hervor.
In der Nacht, da er verraten wurde, hob der Priester im violetten Gewand an zu sprechen, erzählte von Jesus dringlichen Wunsch an seine Freunde mit ihm die letzte Nacht durchzustehen doch die schliefen einfachein.
Darum ging es. Wach zu bleiben.
Verunsichert schaute sie auf Jadwiga neben sich, stand auf, wenn sie aufstand, setzte sich hin, kniete nieder, wenn es geboten schien, fasziniert von dem eingespielten sprachlichen Wechselspiel zwischen Priester und Gemeinde.
Zum Abendmahl, an dem sie nicht teilzuhaben wagte, Herr ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach …erklangen alle Glocken gleichzeitig, die großen im Turmwie die zarten in den Händen der Jungen und Mädchen in den seltsamen Gewändern. Die Orgel spielte ohfrenbetäubend und sie fühlte wie alles in ihr vibrierte, als würde sie gleich davonfliegen mit diesem Klang.
Dann wurde es ganz still.
Die weiß-lila gewandeten Kinder räumten den Altar ab, knicksten vor dem Kreuz. Zurück blieb ein leerer Tisch.
Die meisten Jugendlichen im Gemeindehaus nahmen Stille nicht allzu ernst , willkommen war die Erlaubnis die Nacht durchzumachen, sogar ein Joint kreiste unter den Felsenbirnen.
Jadwiga zog sie in ein stilles Eck und erzählte ihr Dinge aus ihrem katholischen Zuhause gegen die der gewaltige Erzählstoff des Neuen Testaments belanglos erschien und sie wachte mit ihrer neuen Freundin bis in die Karfreitagsdämmerung ohne Glockenschlag und Hahnenschrei.

Autobiographisch? Ja, irgendwie schon.
Diese Gründonnerstagerinnerung fügte sich gut zu Kathas Wortspende (Erzählstoff, vibrieren, sanft) zur Etüdenrunde der Osterwoche. Kathas vielfältigen Blog kann ich unbedingt empfehlen, besonders ihre Gedichte rühren mich Woche für Woche an.
Vielen Dank Christiane, dass du auch in schwierigen Zeiten Zeit und Liebe in dieses schöne Projekt steckst.
Kommen Sie, kommt alle gut durch diese besonderen Ostertage.
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Eine ganz besondere Stimmung, die du da beschreibst. Ich mag, dass sich deine Protagonistin auf das Unvertraute einlässt, dass sie sich streifen lässt von dem Heiligen, von der Stille, und auch, dass sie die Nacht dann doch ganz „irdisch“ im Gespräch mit der neuen Freundin verbringt … ✨
Wie immer eigentlich schimmert Herz durch die Zeilen. Mag ich sehr, danke! 🧡
Trübe Morgenkaffeegrüße 😀☁️☕🍪🌼👍
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Wie angedeutet ist es ein autobiographischer Text, nur etwas sehr auf einen Tag komprimiert, was eigentlich über längere Zeit geschah.
Meine Eltern hatten ja als quasi nicht praktizierende Protestanten die originelle Idee mich auf eine katholische Schule zu schicken und das in Hamburg.
Die Schule war auch nicht schlecht und brachte eben solche Begenungen mit sich.
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Gab es einen Grund für die Idee? Ich meine, mir fallen sofort praktische Gründe ein: die nächstgelegene Schule, die beste Schule … 😉
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Die Idee ist wohl auf persönliche Empfehlung entstanden. Beste Schule war bestimmt die Hoffnung und wesentlich besser als die vorige war sie auf jeden Fall. Ich habe in jeder Beziehung viel gelernt.
Und was meinen damaligen Bedürfnissen durchaus entgegen kam, es war – inzwischen nicht mehr -eine reine Mädchenschule.
Trotzdem hatte ich mir vorgenommen meine Kinder nie auf konfessionelle Schulen zu geben und nun geht der Kleine auf eine Waldorfschule und das ist eigentlich auch nichts anderes.
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Ach ja, „ich bin nicht würdig …“ tausendmal gehört. Tausendmal selbst nachgebetet … . Was für ein furchtbarer Satz eigentlich! Was richtet so etwas in Kinderherzen an?! Noch schlimmer ist das ebenfalls tausendmal nachgebetete „mea culpa“ = „meine Schuld. Meine große Schuld …“. Ständig betet man herunter, wie schlecht und schuldig man ist. Umso schöner, dass die Jugendlichen in deiner Etüde sich von diesem Erzählstoff nicht mehr haben beeindrucken lassen, sondern stattdessen ihren Joint unter Felsenbirnen genießen! 👍😎💕💕💕🌸
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Ich habe die Geschichte so ähnlich mit ca. 16 selbst erlebt und war eher fasziniert von einer Welt, die ich so als Kind nicht kennengelernt hatte, deshalb war der Schaden für mich überschaubar.
Schockierend war und ist was diese grundkatholische Famile mit ihrer Adoptivtochter angestellt hat.Und dass weder die Schule noch die Kirche das mitbekommen und interveniert haben.
Aber solche Bigotten gibt es wohl bei jeder Weltanschauung
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Sehr interessant Begegnung. Die Stimmung ist fast schon unheimlich.
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Nun ja die zugrunde liegende Geschichte um einen Menschen, der irgendwie Gott wird und dann auf eine der brurtalsten Weisen öffentlich zu Tode gefoltert wird in einem Land, das unter einer fragwürdigen Fremdherrschaft wird, ist ja eigentlich auch extrem gruselig
Den Kleinen hat es dieses Jahr ganz genau interessiert und irgendwie habe ich dabei gedacht, dass so ein Karfeeitagsgottesdiensr eigentlich mindestens FSK 12 haben müsste.
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Darüber habe ich nie nachgedacht, obwohl ich Religionen als Kind insgesamt sehr gruselig fand.
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