Cardámines Garten (7)

Hej, da bist du ja wieder.

Lächelnd lässt die Frau Fundevogel die Fee Cardámine zur Balkontür herein. Ich habe dich vermisst.

Du weißt ja, ich bin eine Fee, die viel zu tun hat und Regen und Kälte machen mich langsam.

Und ich bin eine Frau, die unendlich viel zu tun hat und die durch so manches langsam gemacht wird. Blaubeere? Schokoladenstreusel? Warmer Tee?

Die Fee nimmt alles und sie, die Frau und der Erzählvogel berichten einander, wie es ihnen ergangen ist in diesem regenreichen Brombeermond.

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DD (ABC-Etüde)

In der Grundschulzeit hatte Svenja noch nicht mitgetan, wenn die anderen zwischen Dallrupps Häusern Verstecken mit Abschlag spielten, so gut lief sie nicht, nicht mal drei freie Schritte bekam sie damals hin, steuerte gerade aufs ewige Außenseiterinnentum zu. Vergiss‘ diese Kinder, sie würden dich eh nur ärgern, tröstete Mutti sie. Hart kämpfte Svenja, das undankbare Stück, um sich aus ihrer klebrigen Hülle Fürsorge zu befreien.

Mit der neuen Gehhilfe schaffte sie es zu den Baracken, diesem Schandfleck, der endlich abgerissen gehört, vorzudringen.

Mit Melanie musste sie nicht rennen. Die hatte ihre Barbies mit. Im Gebüsch spielten sie „weggelaufene Kinder werden von der Polizei verhauen“ und das wog allen Ärger und Muttis Sorgentränen tausendfach auf.

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Am Osterfeuer

Gestern erzählte ich hier die Geschichte vom russischen Osterhasen, der vermutlich ursprünglich gar kein Osterhase war, da es diese Tradition in Russland nicht gibt, sondern einfach ein hölzerne Hasenfigur.

Es gab ihn wirklich und die Geschichte handelt vom Vater meines Vaters, wenn ich das in der Geschichte auch eher vage gelassen hatte, das Drumherum war zum Teil anders, es gilt Persönlichkeitsrechte zu waren und Verletzungen nicht offen zu legen.

Überwältigt hat mich eben die Kommentarspalte, die Sammlung von dargebotenen persönlichen Erinnerungen, die Großväter aus Krieg und Kriegsgefangenschaft mitgebracht haben.

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Rettendes – ein guter Ort (ABC-Etüde)

Viele freundliche Nachfragen habe ich zu meinem Text Das Leben in den Zeiten der Koboldkriege bekommen. Danke und immer wieder danke, denn jegliches Wohlwollen tut an Koboldgroßkampftagen unsagbar wohl.

Ich kann noch nicht von einem Friedensschluss sprechen, aber mach Rettendes ist am Horizont aufgetaucht, so viel, dass es einen Blogbeitrag zur unübersichtlichen Abhandlung machen würde.

Beim Schreiben der ersten Folge nun, sprangen die Wörter zur aktuellen Etüdenrunde immerzu wilde kleine Hunde an mir hoch, sodass ich kurzerhand eine Etüde draus machte.

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Tenebrio molitor

Der Erzählvogel ist unzufrieden mit der Frau Fundevogel.

„Findest du dich nicht etwas trübsinnig zurzeit?“, moniert er.

Bin halt nachdenklich, reg dich nicht auf, das vergeht wieder“.

„Ich kann die erzählen was ich will, du machst garantiert einen Text daraus, der dir nachher für deinen Blog zu missgelaunt ist.“

„Grmpf“

„Was ist das für eine unqualifizierte Antwort?“

„Eine, die alles sagt.“

„Als ob hier nur Trübsinniges passieren würde, denk doch mal an…“

Finger und Schnabel stürzen sich auf die Tastatur. Weiterlesen

Neujahrsmorgen

Apfelsinensonne
rollt durch 
Himmelsgrau 

wer hören kann, 
vernimmt
das Januarblau 

Rotkehlchen 
pickt zwischen 
Böllerresten 

bettverkrümmt
erholen Nachbarn sich 
von Festen 

voll Umsicht
Fuß und Wort 
gesetzt 

das neue Jahr
ist doch noch
unverletzt 

Allen, die auf ihrem lesenden Neujahrsspaziergang am Nest  vorbeikommen, winke ich fröhlich zu, wünsche Euch und Ihnen Begegnungen voller Umsicht, möglichst viele muntere Rotkehlchen am Wegesrand und dass uns allen die Wörter niemals ausgehen werden.

Alle Schreibenden und Lesenden in der Umgebung des Fundevogelnests bereichern mein Leben so ungemein, geben selbst den Tagen Glanz, an deren Ende ich mich am liebsten jammernd verkriechen möchte.
Zeit für einen Dank aus tiefstem Herzen.

Eure und Ihre Frau Fundevogel

Vorweihnachtsgeist

Die Hamburger Hochbahn wünscht ihren Fahrgästen filmreife Weihnachten.

Was soll das denn sein?

Brennender Tannenbaum? Spektakuläre Schlägerei um das letze Stück Stollen? Verhaftung des Weihnachtsmanns durch ein Sondereinsatzkommando während der laufenden Bescherung? Danke, ich verzichte und wünsche mir ein Fest, bei dessen Verfilmung das Publikum nach zehn Minuten vor Langeweile das Kino verlässt.

Ich schiebe es ein bisschen auf die wundersame Wirkung des Adventüdenkalenders, jedenfalls fühle ich mich dieses Mal Weihnachten gewachsen: Sonst erschien mir dieses Fest Jahr für Jahr wie eine Flut, in der es möglichst nicht unteruzugehen galt. Doch 2019 plansche ich recht vergnügt durch gewaltige Wassermassen und sehe mir erstaunt dabei zu. Weiterlesen

Weil du gefragt hast …

… wofür ich dankbar bin, genauer gesagt: Wofür in meinem Leben ich am meisten dankbar bin.

Und ich konnte diese Frage nicht so richtig beantworten, mäanderte und schwafelte herum.

Für die Kinder. Natürlich. Dass sie leben, mir vertrauen, ihren Weg irgendwie gehen.

Für Freundschaften, für alle Menschen, die mir wichtig sind und denen ich etwas bedeute.

Für Haustiere auch. Durchaus.

Für alles was ich an Liebe, Selbstlosigkeit, Trost, Verzeihen, Zärtlichkeit und Solidarität erfahren durfte.

Für alle Geschichten, die erlebten, die erzählten, die gelesenen, geschriebenen und hinterbrachten.

Überhaupt zu leben, immer noch zu leben, wobei ich doch meine Geburt schon fast nicht überlebt hätte.

Dafür auf diesem noch immer wunderbaren Planeten zu leben, seine Schönheit und Verwundbarkeit wahrnehmen zu können.

Dass ich in diesem Sommer wieder die schrillen Schreie der Mauersegler beim Schreiben hören darf und wenn ich aufblicke mehr von ihnen als all‘ die Jahre zuvor ihre Kreise ziehen sehen darf. Sie sind nämlich doch noch gekommen. Weiterlesen

Der Frau Magister ganz wunderbare Ferien

Teilt man sein Leben mit Kindern ab etwa fünf Jahren aufwärts und trifft dann Menschen, auf die das auch zutrifft, landet das Gespräch über kurz oder lang bei dem Thema Schule im Allgemeinen und bei den dort Arbeitenden im Besonderen.

Unmöglich, vollkommen unfähig, überfordert sind Vokabeln, die in diesen Gesprächen häufig fallen. An Lehrern und Lehrerinnen kein gutes Haar zu lassen scheint fast so beliebt zu sein wie verbal über Menschen hererzufallen, die sich in der Kommunalpolitik abrackern.

Es manchen Eltern recht zu machen, muss fast unmöglich sein.

Ich bin auch schon an Menschen dieses Berufsstandes verzweifelt. Ich selbst bin ausgespochen ungern zur Schule gegangen, war aber immer eine Schülerin mit akzeptablen Leistungen und ansonsten wahrscheinlich völlig unauffällig, habe also wenig Stress mit Lehrern gehabt, diesen aber manches Mal ungläubig bei anderen mit angesehen, Freundinnen in existentielle Krisen stürzen sehen. Obwohl die meisten, die ich kannte, ihre Eltern deutlich mehr zu fürchten hatten als ihre Lehrer- und das erschreckt mich bis heute. Weiterlesen

Junikind — die Liebeserklärung, die noch fehlte

Die Fundevögel, der Große und der Kleine, haben diesem Blog seinen Namen gegeben.

Doch im Nest lebt noch ein sehr Geliebter, einer, der lang schon kein Kind mehr ist und doch mein Baby war, das ich Ende des letzten Jahrhunderts an einem Mittwoch noch Pfingsten gebar (nun ja, mir mühsam entrissen wurde, aber das erspare ich Ihnen).

Die Erinnerung versteht vieles zu retouchieren, mit Weichzeichnern und entzückenden kleinen Ornamenten zu versehen, da soll man sich nichts vormachen, heißt es mahnend.

Ja, ich weiß.

Es gab in der ersten Zeit mit Kind auch einiges an Tränen, Zweifeln und  Verwerfungen, nicht zuletzt mit dem Mann, ohne den es dieses Kind nie gegeben hätte.

Geblieben, im Herzen spürbar geblieben, ist die Erinnerung an das Glück der ersten Jahre, vielleicht auch das ein Grund, dass ich mich seit jeher schwer tue, mich für die Bedürfnisse von Alleinerziehenden zu engagieren oder wenigstens so zu interessieren, wie es für eine dreifache alleinerziehende Mutter naheliegend wäre. Weiterlesen