Wintergäste

Am Sonntag sitzt ein Kormoran auf der Eiche neben meinem Garten. Das ist hier nicht üblich und passiert, wenn überhaupt, nur an eiskalten Tagen wie diesen. Frostgäste sind sie , wie die Eisvögel, die hier im Stadtteil an der Stellau und an der Wandse herumflitzen, wenn es ihnen weiter oben im Höltigbaum zu frostig zu werden scheint.

Wo die Kormorane herkommen weiß ich nicht.

Ich sehe sie sonst nie.

Im Hafen gibt es welche und am Öjendorfer See.

Heute während der Kleine Fundevogel unermüdlich über die zugefrorenen Tümpel schlittert, wurden es mehr und mehr. Sie sitzen hoch in Bäumen oder fischen in der Au.

Der Graureiher, der immer da ist, steht an der Böschung und betrachtet die Konkurrenz. Die Winterspaziergänger fotografieren ihn, fast immer wenn ich den Reiher sehe, sehe ich auch jemanden, der ihn fotografiert. Sein Abbild muss auf fast allen Smartphones der Umgebung gespeichert sein.

Haben Sie je einem Kormoran direkt ins Auge gesehen?`

Es ist unwahrscheinlich grün und ein Anblick so schön, dass er fast schwer zu ertragen ist.

Portritfoto eine Kormorans
Foto: NABU

Natürlich hatte ich keinen Fotoapparat dabei. Dieses Foto ist vom Nabu und ich habe es mir als Mitglied und Dauerspenderin einfach mal “ausgeliehen“.

Abends im Schneegestöber hocken sie wie Wintergespenster in den Birken, die fast zu zart für die riesigen Wesen wirken. Beim Gewicht von Vögeln verschätze ich mich immer, ich bin halt ein Säugetier, gewohnt meine Jungen zu schleppen.

Der auffliegende Graureiher im Schnee wirkt wie eine lebendig gewordene japanische Tuschezeichnung.

Und während der Schnee mehr und der Himmel dunkler wird, frage ich mich, ob die Kormorane gern hier an die Au kommen. Wenn es ihnen gefiele, würden sie vielleicht auch im Sommer mal vorbeischauen oder an frostfreien Wintertagen.

Vielleicht sitzen sie da in den Birken und denken ergeben, irgendwann wird es schon vorbei sein, irgendwann werden wir wieder über freie Wasserflächen fliegen dürfen wie es einem Kormoran entspricht.

Vielleicht gibt es auch weise Kormorane, die sich sagen, das hier, die Au mit ihren untermaßigen Fischen, den zu laut quietschenden Kinder auf den vereisten Tümpeln und dem gefräßigen Graureiher, das ist genau jetzt unser Leben, das einzige was wir haben, wir sollten es nicht mit Hadern verschwenden.

Und wenn die Kormorane wüssten, dass die, die ihnen da in die grünen Augen starrt, sich über ihre Gedanken Gedanken macht, wären sie vielleicht amüsiert.

Denn sie wissen ja, dass die Frau Fundevogel in ihrer Vogelnarretei niemals in eine Vogelseele blicken können wird.

Für morgen ist Tauwetter angesagt.

Der Graureiher wird froh sein.

(bilde ich mir ein.)

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14 Gedanken zu “Wintergäste

  1. Myriade Februar 16, 2021 / 12:55 am

    Ach, hat der schöne Augen !! Sieht dein Erzählvogel so ähnlich aus ? 🙂

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    • Christiane Februar 16, 2021 / 9:27 am

      Ergänzende Frage: Braucht ein Erzählvogel zwingend ein Aussehen? 🤔

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    • fundevogelnest Februar 16, 2021 / 7:43 pm

      Ach da hast du ihn auf eine Idee gebracht …
      „Du könntest doch in Zukunft als „mein Kormoranäugiger“ über mich schreiben …

      Gefällt 3 Personen

        • fundevogelnest Februar 16, 2021 / 9:59 pm

          Ich glaube heute abend eher albern.
          Und sonst so ? Hellgrau glaube ich, manchmal so klein, dass er sich unter meine Haare kuscheln kann, wie das Küken, das ich vor Jahren aufzog, manchmal so groß, dass ich unter seinen Flügeln schlafen kann, mal männlich, mal weiblich, mal jenseits davon…

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          • Myriade Februar 16, 2021 / 10:47 pm

            Ein vielseitiger Gefährte, keine Frage 😉

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  2. Christiane Februar 16, 2021 / 9:32 am

    Ich bin ziemlich sicher, dass die bei mir ansässigen Graureiher (speziell im Winter sind es immer viele) heilfroh sein werden, wenn der Teich wieder auftaut. Kormorane habe ich nicht mehr als üblich beobachtet, aber auch bei denen glaube ich, dass sie die (dann wieder) Wasserfläche lieber mit ihresgleichen teilen als mit einer Horde schlitternder Menschen … 🤔😉
    Morgenkaffeegrüße 😁☁️☕🍪👍

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    • fundevogelnest Februar 16, 2021 / 10:03 pm

      Die Au friert ja als Fließgewässer nicht so schnell zu, ich nehme an, das ist der Grund, warum die Kormorane kommen.
      Die Reiher brüten m.E. am nächste Teich, der nicht besonders weit weg ist, vielleicht 500 m, aber Fischen tun sie meist am Fließgewässer.
      Heute abend waren die Kormorane noch da.

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  3. Ulli Februar 16, 2021 / 10:12 am

    Einmal hat sich ein Rotmilan zu mir herunter geschraubt, bis wir Auge in Auge gewesen sind. Das war auch schwer auszuhalten, ich habe mich einerseits begrüßt gefühlt, andererseits war ich froh, als er wieder aufstieg.
    Liebe Grüße
    Ulli

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    • fundevogelnest Februar 16, 2021 / 10:08 pm

      Ja, es gibt so „Augen“-blicke.
      Einmal bin ich am Neujahrsmorgen im Nebel fast mit einem Reiher zusammengestoßen, nur der Fahrradlenker trennte uns noch, den Blick habe ich auch nie vergessen.
      Unvergesslich auch der Blick eines Hais in einem Aquarium, die abgrundtiefe Fremdheit zwischen zwei Spezies, die doch einen Planeten bewohnen.
      Aber das grünste Auge hatte der Kormoran.

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  4. Anna-Lena Februar 16, 2021 / 9:25 pm

    Es ist schonh erstaunlich, was diese paar Wintertage an Mobilität für Tiere ausmachen.
    Ein Graureiher saß vor ein paar Tagen auf dem Dach des Nachbarhauses und hielt Ausschau (vielleicht nach dem Frühling) und gestern war ein zugeforenes Feld mit Enten und Kranichen bevölkert, die sich gegenseitig zwar kritisch beäugten, aber deren Futterneid sich in Grenzen hielt.
    Nun taut es und morgen wird die Welt wieder ganz anders aussehen …

    Einen Kormoran habe ich bisher immer nur von weitem sehen dürfen.

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  5. fundevogelnest Februar 16, 2021 / 10:12 pm

    Es gibt eigentlich erstaunlich viele Vögel, die im Winter plötzlich hier im Ort sind. Schwanzmeisen, Erlenzeisige, Wacholderdrosseln und ich habe nicht die geringste Ahnung, wo sie sonst sind.

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