Diesen Text für Christianes Neujahrsetüdeneinladung hatte ich eigentlich in der Neujahrsnacht schreiben wollen, aber da gebärdete er sich höchst kapriziös und ich kommentierte stattdessen den halben Abend andere Blogs. Schließlich weckte ein Böller im Treppenhaus das Kleinkind und das wars dann mit Schreiben.
Und seither? Irgendwas ist immer, wie die Hüterin der Etüden so trefflich sagt, besonders wenn die Kinder Ferien haben.
Von 2017 wird mir einiges in Erinnerung bleiben, auch Schmerzliches, aber eine der schönsten Erinnerungen wird sein, in den Kreis der Etüdenverrückten gefunden zu haben. Dank an Christiane und Ludwig Zeidler, die Unermüdlichen, an alle Lesenden, Schreibenden, Wörterspendenden und Kommentierenden.
Ihr habt mein Leben reicher gemacht und mich zu einem Zeitpunkt, an dem ich es brauchte, sehr getröstet.

Mittags hatten sie noch ihre Bienenstöcke bei acht Grad Celsius und Regenwetter mit Oxalsäure „restentmilbt“ – Imkerinnen eigneten sich einen eigenartigen Wortschatz an — höchstens fünf Grad und Trockenheit wurden für diese Maßnahme empfohlen und zwar bitte schön frühstens drei Wochen nach dem ersten Frost und keinen Tag später als Neujahr, also undurchführbar. Die Verlässlichkeit des Wetters war schon lang dahin.
Falls es ein Neujahrsläuten gegeben hatte, war es untergegangen, die Feuerwerksgarben erblühten und verloschen seit 19 Uhr in regelmäßigem Rhytmus, seit Tagen knatterte und dröhnte es, als stünden sie unablässig unter Beschuss, eine Assoziation, die Nina ungefiltert von ihren Eltern übernommen hatte und die Janne befremdlich gefunden hätte.
Selbst um Mitternacht hatte es kein Innehalten gegeben, das Feuerwerk brandete Anfang 2018 kaum stärker als Ende 2017, die Lust auf ihre eigenen Wunderkerzen verging ihnen, drinnen aßen sie Berliner und tranken einen Kaffee.
„War eine gute Idee spontan zusammen zu feiern, sag mal, wie siehst du denn aus, immer noch Sorgen wegen der Bienen?“
„Ich mache mir Sorgen, nein, ich bin vor Angst zerfressen, dass diesen Mai noch weniger Mauersegler aus dem Süden kommen könnten, oder gar keine, dass noch weniger Fledermäuse im Garten sind, dass … “
Nina fing an zu schluchzen und am ganzen Leib zu zittern, hörte gar nicht wieder auf, als trauere sie um Mann oder Kind, hilflos sah Janne sich in diesem Wohnzimmer, in dem sie zum ersten Mal war, um. Klar, machte man sich Sorgen um seine Umwelt, sie beide mit ihren Bienen sowieso, aber so ein bleiklumpenschweren Schmerz verspüren wegen … äh … Mauersegler waren … äh … Vögel, oder?
„Komm, wird alles wieder gut“, nein, das konnte sie nun wirklich nicht sagen, denn gut wurde das wohl nie wieder. Am liebsten hätte Janne die Ältere einfach umarmt, ihr vielleicht einen sanften Kuss gegeben, aber so war ihre Freundschaft ja eigentlich nicht.
