Zlata und Matilda (ABC-Etüde)

Die Magnolie blüht, die Tulpen auch. Zlata schiebt ihr Püppi im Puppenwagen von Matildas Tochter herum, jahrelang hatte der ungenutzt auf Enkel wartend auf dem Boden gestanden. Die Kleine geht jetzt in die Kita und versteht jeden Tag mehr, so lang dauert dieser verdammte Krieg nun schon.

War das mit dem Deutsch bei Frau Rahloff und ihr damals auch so flott gegangen? Sie weiß es nicht mehr.

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26.April 1986

Gedenkstein am Zaun des Atomkraftweks Brokdorf (am Netz von 1986-2021)

Gedenken wie in jedem Jahr an alle Menschen und Landschaften, die durch den schwersten Atomunfall der Geschichte getötet wurden oder bis heute verwundet sind.

Gedenken an die „Liquidatoren von Tschernobyl“, jene Männer, die vor 36 Jahren das brennende AKW aus der Luft löschten, es eiligst irgendwie unter Sand und Beton verbuddelten, ihre Gesundheit opferten, manche freiwillig, viele gezwungen,die meisten kaum informiert und ganz Europa vor noch Schlimmeren bewahrten.

Ich möchte, dass sie niemals vergessen werden.

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Osternacht (sehr späte ABC-Etüde)

Mit ratlosem Wohlwollen akzeptierten ihre Eltern, dass ihre Tochter dieses Ostern in den Armen der Kirche und mit Jadwiga verbringen würde.

Kaum hatten sie ein paar Stunden nach der durchgemachten Gründonnerstagsnacht geschlafen, rannten sie in den Gottesdienst zur Sterbestunde Jesu. Am Karsamstag, an dem die Gläubigen doch in andächtiger Stille verharren sollten, waren die Jugendlichen aufgerufen, die Kirche zu schmücken mit dem Grün der jungen Birken, mit Osterglocken, Tulpen und vor allem Buchsbaum, den sie an diesem Tag eimerweise im Kirchgarten schnitt, weil Jadwiga ständig mehr davon verlangte.

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Gründonnerstag (ABC-Etüde)

Machst du mit bei der Gründonnerstagsnacht?, fragte Jadwiga sie und sie wusste gar nichts darauf zu antworten.

Gründonnerstag, das Wort hatte sie immer geliebt, grün wie die ersten Birkenblätter, violett wie Lerchensporn, hatte gehört, dass es bei manchen Leuten da Spinat zu Mittag gab.

Aber was war mit der Nacht?

Der Abend war apriliger wie er nicht hätte sein können, ein sanfter Regen fiel und um die kleine katholische Kirche am Stadtrand herum lugten Buschwindröschen und Scharbockskraut unter blühenden Felsenbirnen hervor.

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Hubschrauber

An einem einzigen Tag meines Lebens bin ich in einem Hubschrauber geflogen als begleitende Intensivschwester bei einer Langstreckenverlegung. Schnell fiel die Entscheidung an jenem regnerischen Tag. Ehe ich es richtig realisierte, hoben wir auch unter den neideischen Blicken meiner Kolleginnen schon ab– ein Erlebnis, das für mich unter man muss alles mal mitgemacht haben fällt.

Spannend war es. Lehrreich. Laut. Hochkonzentriert. Eng. Mulmig. Auch für den Magen.

War schon froh, dass das kleine Mädchen, um die sich alles drehte, während des Fluges keiner besonderen Tätigkeiten meinerseits bedurfte, sondern ruhig an ihrer Beatmung schlief. Sie ist am Ende ganz gesund geworden, da wo wir sie hingebracht haben.

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