Weißer Sonntag

Der Erzählvogel klopft seiner in letzter Zeit so untreuen Geschichtenaufschreiberin mit dem Schnabel auf den Kopf, nicht besonders brutal, er ist ein durch und durch sanftmütiges Wesen, selbst wenn er allen Grund hat sich zu beschweren. 

Es ist der siebte April, meine Liebe, Mitternacht, jetzt hat das auch keinen Sinn mehr, geh ins Bett.

Das Badezimmer ist abgeschlossen, den Schlüssel habe ich dem besten Mitbewohner zur Koboldabwehr gegeben und nun kann ich mir nicht die Zähne putzen.

Was ist denn das für eine lahme Ausrede noch weiter Löcher in die Luft zu starren? du hat eine Zahnbürste in deiner Arbeitstasche, nutze die und gehe schlafen

Ich bin zu müde ins Bett zu gehen, außerdem wollte ich noch meine Etüde zu Ende schreiben.

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Das Entlastungsparadox

Frau Fundevogel, Sie brauchen mehr Entlastung“

Wie oft gehört? 

Wie oft zustimmend dazu genickt?

Es ist ja wahr.

Das Leben mit dem Kleinen Fundevogel oder viel mehr mit der Last, die dieses kleine Vögelchen mit sich rumschleppen muss, ist anstrengend und drei Stunden Schule am Tag sind verdammt wenig.

Nie kann man wissen, welcher Impuls welchen Kobold wohin springen lassen wird, welche Regel wann, wie und wo des Teufels sein wird, welches Räuspern des Universums die ganz große Verweigerung auslösen wird, die, die sich anfühlt, als ginge es um Leben und Tod.

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Die Stunde (so etwas ähnliches wie eine ABC-Etüde)

Zu Zeiten der Waldorfschule des Schreckens war auf einen Verlass: Punkt sieben stand „Manni“ mit seinem Schulbus vor der Tür, alle Kinder liebten „Manni“, erkaufte er sich doch seine Zigarettenpausen bei ihnen mit Süßigkeiten.

Hm ja, das Leben besteht aus Zugeständnissen, auch ich erkaufte mir etwas: Meine Stunde.

Das Frühstücksgeschirr hüpfte in die Spülmaschine kaum war der Bus um die Ecke, der Laptop flatterte herbei und es ward Schreibzeit, magische Zeit bevor die Dringlichkeiten übernahmen. Manchmal bin ich arg nachlässig mit der Stunde umgegangen, habe dem Drängen all der Ich-bin-sowas-von-wichtigs kampflos nachgegeben, bin im WorldWide Web verdriftet. Ein neuer Tag, eine neue Stunde würde kommen.

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Am Feuer (ABC-Etüde)

Der Ping ihres Smartphones tritt sie aus dem Schlaf.

Die Mädchen…

Wenn einer von ihnen was passiert ist, ist es ihre Schuld.

Marina hat ein Foto geschickt, Seite an Seite liegen die Zwillinge auf ihrer Krabbeldecke.

Du siehst, sie leben noch, schreibt Marina. Endlich mal ausgeschlafen? Schreib wenn du losfährst, dann schmeiß ich den Kaffee an.

Ihr ist schwindlig. Wäre sie gestern gleich ins Bett gegangen, wäre sie nach ihrem Gebutstagsgeschenk – Marina hütet die Zwillinge, sie und Bekki gehen ins Kino – jetzt wirklich sensationell ausgeschlafen..

Genieß es, hatte Bekki ihr nachgerufen. Doch die Wohnung war so leer wie in der Krankenhauszeit, sie musste sich beherrschen Marina kein drittes Mal anzurufen und sie mochte nicht akzeptieren, dass ihre erste freie Nacht nach 14 Monaten schon alles verschenkt hatte.

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Neujahrsbegegnung

Eng an ihre Mitfeen gekuschelt lag Cardámine in ihrem weichen Winterlager, dicht hatten sie ihre Nester gepolstert mit Rohrkolbensamen, aus Stacheldrahtzäunen geklaubter Schafwolle und dem geschnittenen Haar ihrer menschlichenn Feunde Cardámine, die Wachste und Neugierigste, die seit Feengedenken geschlüpft war, war in jedem Jahr die erste, die aus dem Winterschaf erwachte, wenn die Temperaturen stiegen und das Herz ihrers wechselwarmen Körperchens schneller zu schlagen begann. Wenn feuchte Luft mit einer Ahnung von Wärme in ihren Kobel drang und eine frühe Hummel oder Biene vorbeisummte, wachte sie auf, schaute manchmal auf Reste tauenden Schnees, schnupperte an den Spitzen der ersten Frühblüher und grüßte die Eisvögel und Kormorane, die nur Wintergäste an der Au waren. Wurden die Tage wieder kälter, legte sie sich neben ihre Gefährtinnen, die wenn sie denn endlich erwachten, milde zweifelnd den Wintergeschichten ihrer Freundin lauschten.

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Das Walross

Falls die eine oder der andere von Ihnen sich fragt, ob der Erzählvogel der Frau Fundevogel im August tot von der Schulter gefallen sein sollte, so kann ich versichern, dass das treue Geschöpf sie in gewohnter Schwatzhaftigkeit durch den Sommer begleitet hat

Eine Sommergeschichte war da, eine voll Flohzirkus und überquellendem Honig. Viel Nestliches dazu, dem die Frau Fundevogel gern in der vitrtuellen Abteilung des Nestes Struktur verliehen hätte, wissend das dieses Ordnen ein beruhigendes Echo hat in der Wirrnis der Tage.

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Die leise Woche

Der Kleine Fundevogel war verreist, eine ganze Woche lang ohne mich und es hat ihm richtig gut gefallen. Ich hätte nie gedacht, dass das ohne Weglaufen und andere Holen Sie Ihr Kind sofort wieder ab-Katastrophen überhaupt gehen kann.

Aber mit dem richtigen Rahmen geht das doch, Wildfang ist ein Anbieter der sich wie der Name schon sagt auf solche Kaliber wie den Kleinen Fundevogel spezialisiert hat, man kann verschieden intensive Betreuungsformen buchen und der Kleine Fundevogel hat selbstverständlich das DeLuxePaket gebucht bekommen und hatte immer jemanden an seiner Seite.

Das DeLuxePaket lässt sich mit der Krankenkasse als Kurzzeitpflege bzw.Verhinderungspflege abrechnen und ich hatte nicht mehr zu zahlen als andere Leute für eine gute Kinderreise auch.

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Sommerboten

Ja, ja, erst die ganze Zeit meckern und dann selber kaufen. Den Großen Fundevogel kann ich mit meinem jüngst gekauften Neun-Euro-Ticket nicht beeindrucken.

Es stimmt, ich kannn diesem Brot-und-Spiele-Schnäppchen nicht viel abgewinnen.

Sinnvoll wäre es den Preis für alle, die von Grundsicherung und vergleichbaren Summen leben müssen, für immer drastisch zu reduzieren. Das wäre ein wirklicher, ehrlicher Schritt zur gesellschaftlichen Teilhabe aller. Wer dagegen ausreichend hat, kann für eine erbrachte Leistung auch angemessen zahlen, finde ich, ja auch ich, die in den Medien derzeit viel beühte alleinerziehende Krankenschwester kann das. Womit ich ganz bestimmt nichts gegen vernünftige staatliche Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr oder angemessene Bezahlung für Pflegekräfte gesagt haben will.

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Das Päckchen (ABC-Extra-Etüde)

Jonte schreit und tritt nach mir als ginge es um sein Leben, dabei versuche ich nur ihn im Buggy festzuschnallen. Frau Schultze öffnet die Wohnungstür, schweigend soweit ich das bei dem Lärm beurteilen kann. Ihr Hass brandet gegen meinen Leib.

Ich hätte früher selbst nicht geglaubt, dass ein Kind so schreien kann.

Sind Se‘ nich, odda?, brüllt man von hinten in mein Ohr und rammt mir etwas fast ins Gesicht, Instinktiv ducke ich mich.

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Hubschrauber

An einem einzigen Tag meines Lebens bin ich in einem Hubschrauber geflogen als begleitende Intensivschwester bei einer Langstreckenverlegung. Schnell fiel die Entscheidung an jenem regnerischen Tag. Ehe ich es richtig realisierte, hoben wir auch unter den neideischen Blicken meiner Kolleginnen schon ab– ein Erlebnis, das für mich unter man muss alles mal mitgemacht haben fällt.

Spannend war es. Lehrreich. Laut. Hochkonzentriert. Eng. Mulmig. Auch für den Magen.

War schon froh, dass das kleine Mädchen, um die sich alles drehte, während des Fluges keiner besonderen Tätigkeiten meinerseits bedurfte, sondern ruhig an ihrer Beatmung schlief. Sie ist am Ende ganz gesund geworden, da wo wir sie hingebracht haben.

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