Telefongespräch nach D. (ABC-Etüde)

Scharnberg ist gestorben.

Seit mein Bruder wieder nach D. gezogen ist, kommen Neuigkeiten aus einem Kosmos, den ich innerlich als Vergangenheit definiert hatte.

D. hat die ganze Zeit heimlich weiterexistiert ohne mich.

Der hatte ein Storchennest auf dem Dach. Ich erinnere mich. Der muss ja uralt geworden sein.

Knapp neunzig. Er war … irgendwie.. . sanftmütig. Er hat mal gesagt, die schönste menschliche Eigenschaft sei, der Wunsch es gut zu machen. Bestenfalls 14 war ich da, aber hab’s nie vergessen.

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Himmelfahrtstag

Vor Jahren als die Frau Fundevogel noch nicht ahnte, dass sie eines Tages die Frau Fundevogel sein würde, wohnte sie in einem Pfarrhaus.

Der junge Pastor war noch ungebunden, mochte in dem riesigen Pastorat nicht alleine leben und hatte eine WG daraus gemacht.

Schön hatten wir vier es dort, zumindest am Anfang.

Eines Tages nun saßen der Pastor und die Frau Fundevogel mit Erdbeeren in der Sonnen auf dem Balkon, auf einem der drei Balkons, um es genau zu nehmen.

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Feentanz (ABC-Etüde)

Es war ein frostiges Frühjahr, in dem Wolfgang Schröters Zeit verann.

Julians Innerstes weigerte sich zu glauben, dass dieser sanfte Mensch, der immer für ihn dagewesen war, nun einfach sterben sollte.

Ihn verlangte nach Lillis Trost. doch als er sie den Sandweg zum Schröterhaus hochlaufen sah, würgte er seine Tränen hinunter. Sein Gefühlswirrwarr kam ihm einfach kindisch vor.

Charakterstark und regenreich dieser April hatte Wolfgang, der Gärtner, gesagt und doch wünschte ich ,mir würde einmal noch warm in diesem Leben.

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26.April 1986

Heute ist mir erst abends aufgefallen, dass „Tschernobyltag“ ist und dass ich es noch immer wichtig finde , diesen Tag nicht zu vergessen.

An die vielen Menschen zu erinnern, die ihre Gesundheiit und ihr Leben gaben, um das brennende und strahlende Atomkraftwerk zu löschen, manche freiwillig und idealistisch, viele gezwungen, kaum einer ausreichend informiert.

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Hirnsalat, eine Buchempfehlung

Es gibt ein neues Wort in unserem Haushalt. Ein Wort für viele Gelegenheiten unseres Alltags.

Hirnsalat.

Hirnsalat hat jeder mal im Koppe, an so Tagen, an denen man froh ist, dass der Kopf angewachsen ist und nicht auch noch irgendwo liegengelassen werden kann.

An Tagen, an denen es keine richtigen Entscheidungen zu geben scheint, an denen man ein kleines Geräusch am liebsten standrechtlich erschießen würde und den irgendwie zaudernden Computer gleich mit. Wehe jemand stellt eine aufdringliche Frage, eine freundlich-unverbindliche Antwort kommt an Hirnsalattagen nicht in den Sinn, da schickt man gleich die Kavallerie oder bricht in Tränen aus.

Und fühlt sich ganz und gar nicht geeignet für diesen Planeten und die, die darauf mit einem wohnen.

Zum Glück sind solche Tage irgendwann wieder vorbei.

Bei manchen Menschen ist der Hirnsalat mehr oder weniger der Normalzustand.

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Die Widmung (ABC-Etüde)

Manon war die mit dem großen, knallrot geschminkten Lachen, das in jede Ecke des Schulgebäudes drang, die, die jeden mit jeder verkuppeln konnte und Lehrer das Fürchten lehrte, denn wenn sie beschloss, dass einer von ihnen fragwürdig war, wurde er das nimmer los.

Sie war als eine der ersten tätowiert und ihre Klamotten zeigten deutlich, auch taschengeldmäßig konnte nicht jede eine Manon sein.

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Am Feuer (ABC-Etüde)

Der Ping ihres Smartphones tritt sie aus dem Schlaf.

Die Mädchen…

Wenn einer von ihnen was passiert ist, ist es ihre Schuld.

Marina hat ein Foto geschickt, Seite an Seite liegen die Zwillinge auf ihrer Krabbeldecke.

Du siehst, sie leben noch, schreibt Marina. Endlich mal ausgeschlafen? Schreib wenn du losfährst, dann schmeiß ich den Kaffee an.

Ihr ist schwindlig. Wäre sie gestern gleich ins Bett gegangen, wäre sie nach ihrem Gebutstagsgeschenk – Marina hütet die Zwillinge, sie und Bekki gehen ins Kino – jetzt wirklich sensationell ausgeschlafen..

Genieß es, hatte Bekki ihr nachgerufen. Doch die Wohnung war so leer wie in der Krankenhauszeit, sie musste sich beherrschen Marina kein drittes Mal anzurufen und sie mochte nicht akzeptieren, dass ihre erste freie Nacht nach 14 Monaten schon alles verschenkt hatte.

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Die Eisprinzessin auf dem Ball

Wir leben in einem kinderreichen Quartier, egal in welche Richtung man geht, nach kurzer Zeit läuft man unweigerlich an einer Grundschule vorbei, dementsprechend ist morgens viel Bewegung in den Straßen.

Heute schimmern zwischen den Säumen der dicken Winterjacken und den gefütterten Gummistiefeln gerüschte Prinzessinnenröcke und Spidermanbeine hervor, unterm Rand der Mützen und Fahrradhelme gucken einen Katzen- und Piratengesichter an, statt Ranzen trägt kind am Faschingdienstag Salatschüsseln und Tupperdosen..

Ein kleines Mädchen krallt ihre eine Hand um den Griff eines Kuchenbehälters, während sie mit der anderen versucht ihren Hexenhut vorm Wegfliegen zu bewahren. Ein sanft geschminktes Hündchen ballert mit dem Laserschwert seines Freundes auf eine Fussgängerampel. Ein Pirat zeigt jedem stolz sein Fernrohr.

Mag es in Hamburg auch keinen Karneval geben, der Faschingsdienstag gehört den Schul-und Kindergartenkindern.

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Zorn. Drachengroß.

Viel Glück und viel Segen ..

Daniel schmettert, Christoph brummt, dann drücken beide Jason, hezlichen Glückwunsch, sechs Jahre, Donnerwetter noch eins.

Die Vorhänge sind noch zugezogen, die Kerzen auf dem Kuchen flackern und werfen verheißungsvolle Schatten an die Wand. So was Schönes, denkt Jason, so etwas Schönes, nur weil ich geboren bin.

Er hat nur keine Zeit für Schönes,weil er wissen muss, ob da nun ein Drache sein wird oder ihre Liebe bloß Lüge ist.

Also dieses wahrhaft edle Exemplar hat deine Oma gehäkelt, kaum dass sie deinen Wunsch vernommen hat, sagt Christoph und hält eine Art Stofftier hoch.

Jason erstarrt.

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Jakobs Schicksal (ABC-Etüde)

Das Schwein kommt im strömenden Regen, gerade als der Jakob eine raucht.

Das Schwein kommt durch die Gartenpforte getrottet , die hat der Pflegedienst mal wieder offen gelassen.

Das Schwein guckt den Jakob an und da ist es schon ganz gut, dass es für den Jakob ein Tag ist, an dem er beschlossen hat, sich über nix mehr zu wundern. Seit dem Aufstehen guckt er durch den Fernseher nach Lützerath und denkt, er sollte vielleicht dort sein aber der Daniel kommt später. Aus zwei Tagen sind vier geworden und die Jenni, die tut den ganzen Tag die erstaunlichsten Dinge, gerade hat der Jakob die Topflappen aus dem Kompost gefischt.

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