Julian – Julian und Cardámine 64

Ich mag den Julian so sehr – und in diesem Kapitel bin ich unendlich stolz auf ihn. Mehr innere Größe kann ein Junge seines Alters eigentlich kaum beweisen.


Für alle, die jetzt erst einsteigen: Hier fängt die Geschichte an und geht dann fortlaufend nummeriert weiter:

Am Mittwoch waren die Feenferien – wie Pamina sie getauft hatte – zu Ende. Müde starrte Julian in seine Müslischüssel. Die beste Nachricht war, dass Frau Steffke zur kommissarischen Schulleiterin ernannt worden war. Über das Leiden der Frau Schmidt-Bruhns wurde allerlei gemunkelt. Angeblich wurde sie von der Wahnvorstellung heimgesucht, ihr liefe glitzernder Schleim aus der Hand, mit der sie vor ein paar Tagen einen Schüler der dritten Klasse geschlagen hatte. Dabei hatte sie Dennis gar nicht gehauen, grübelte Julian. Doch Gerüchte hatten bekanntlich ein ganz spezielles Eigenleben. Weiterlesen

Nachtigall — Julian und Cardámine 63

Für alle, die jetzt erst einsteigen: Hier fängt die Geschichte an und geht dann fortlaufend nummeriert weiter:

Die Menschen und der Hund waren schlafen gegangen. Wir waren hellwach und saßen noch lange auf dem breiten Ast mit der ungewohnt hellen Rinde. Ich fühlte mich federleicht und quoll beinahe über vor Freude. Immer wieder strich ich über meinen neuen Zauberstab. Süße Vertrautheit duftete aus dem rötlichen Holz. Weiterlesen

Lillys Ernüchterung (ABC-Etüde)

Die sich kringelnden Coronatage laufen weiter. Ich trudele zwischen Arbeit und Kinderbetreuung und habe das Gefühl gar nichts zu tun, obwohl das Gegenteil zutrifft. Gefühlt könnte ich drei Wochen durchschlafen.

Hätte ich nicht meine Feengeschichte, wäre dieser Blog eine coronabedingte Wüstenei. Aber die Geschichte wird am 2. Juni endgültig zu Ende sein. Dann möchte ich wirklich wieder etwas Neues schreiben, es gibt ja ein Wispern, das von Kita ab 8.6. raunt. Glaube ich aber erst, wenn der Kleine Fundevogel durch die Pforte getreten ist. Weiterlesen

Feentanz — Julian und Cardámine 62

Langsam wird so manches besser. Die Feen tanzen wieder und der Kleine Fundevogel ist in der Kita zwar noch immer nicht erwünscht – aber der Bauspielplatz hat zumindest für sechs Kinder gleichzeitig wieder offen. Zwei Stunden am hellichten Tage ohne jede Verantwortung – meine Ohren klingen noch immer von dieser Stille und der Kleine Fundevogel schläft angefüllt mit Seligkeit. Weiterlesen

Vergoldet — Julian und Cardámine 61

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Ohne weitere Worte verließen Achillea und Filipendula das Festmahl. Waren sie beleidigt, weil der Junge Dennis und der Mann Frank sich vor unseren Tränken ekelten?

Matricaria hatte zum Abschied prophezeit, wir würden uns schneller mit unseren Menschennachbarn entzweien, als ein Kaninchen blinzeln kann. Ich hatte abgewinkt, aber die Sorge war gesät. Weiterlesen

Kuno — Julian und Cardámine 60

Liebe Frau Stachelbeemond, heute zeigt sich, warum ich vom Genuss von Feengetränken vorsichtig abriet. Für die lila Punkte habe ich inzwischen auch eine Erklärung bekommen, ich hoffe ich schaffe bald sie aufzuschreiben.

So erschöpft wie ich bin, würde ich einen Feentrank glatt annehmen.


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Endlich durfte Julian den Bagger auch mal fahren. Eingequetscht zwischen Wolfgangs Beinen bediente er mit dem rechten Fuß das Gaspedal und Wolfgang half wirklich nur ein bisschen beim Lenken mit den zwei Hebeln. Julian gelang es, genau neben Paminas Grabungen zum Stillstand zu kommen. Dann musste man den Bagger „hinsetzen“, nach links und rechts fuhr er seine Raupenketten aus und ließ sich mit einem kleinen Rumms dazwischen nieder. Weiterlesen

Haarsträhne – Julian und Cardámine 59

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Unser Kobel am Weststamm war nur noch eine leere Zweigkugel. Schön wäre es, dachte ich, wenn ein Gartenschläfer seine Starrmonde darin verbringen oder im nächsten Haselkätzchenmond eine Blaumeise ihre Eier hineinlegen würde. Mit unserem Feuersteinmesser schnitt ich mir ein paar Haarsträhnen ab, als Einzugsgeschenk für zukünftige Bewohner. Feenhaar war ein allseits beliebtes Nestbaumaterial. Dann packte ich das Messer in meinen Korb. Der Abschied wurde uns nicht schwer gemacht.

Auch nachdem der große Menschenschwarm verschwunden war, wurden wir weiter belästigt. Zuerst kam eine Gruppe, die genauso aussah wie die Teichzuschieberbande, sodass uns die Eingeweide gefroren. Sie waren jedoch ziemlich harmlos. Ihr Auto sah wie ein Zwilling des versunkenen aus. Klug geworden, hatten sie es am Harten Weg abgestellt. Sie luden ein paar Schaufeln voll Schlamm in riesige Feenfallen, pieksten mit endlos langen Nadeln ins Erdreich und ersetzten schließlich das rot-weiß gestreifte Bannband durch einen soliden Zaun, auf dem stand: „BETRETEN VERBOTEN! LEBENSGEFAHR!“, was seit meinem Verrat bloße Übertreibung war. Weiterlesen

Retter– Julian und Cardámine 58

Die Frau Fundevogel ist ja von Natur aus etwas fahrig und tut sich schwer damit ihre Dinge zu beaufsichtigen, weshalb gerne die Warnung kommt: Pass besser auf deinen Krempel auf, die Menschheit ist schlecht. In der derzeitigen Coronafundevogelwirrnis habe ich das große Glück dem guten Teil der Menschheit zu begegnen, dem Teil, der von der Frau Fundvogel abfallende Portemonaies, Kontokarten und Schlüssel nicht zu bösartigen Zwecken nutzt, sondern ihr noch hinterher trägt. Schlecht ist doch nur ein Teil der Menschheit und deshalb darf ich auch Geschichten wie diese ohne echte Bösewichte schreiben. Wie erfreulich! Trotzdem nehme ich mir zum hunderelften Male vor meine Siebensachen besser zu hüten. Viel Ärger sparte das schon. Weiterlesen

Megaphon– Julian und Cardámine 57

Heute morgen trafen der Kleine Fundevogel und ich eine kleine Katze, klein im Sinne von noch sehr jung. Sie wollte sich zwar nicht streicheln lassen, aber heftete sich an des Kleinen Fundevogels Fersen und ließ sich nicht mehr abschütteln, zwischendurch raste sie halsbrecherisch im Zickzackkurs über die Straßen. Weil sie so klein war, sich so leichtsinnig verhielt und es so schüttete, nahmen wir sie schließlich mit nach oben.

Über eine „Vermisste Katzen Gruppe“ des Fratzenbuchs gelang es dem Studenten der Geowissenschaften den Besitzer ausfindig zu machen. Weiterlesen

Proviant — Julian und Cardámine 56

„Wir sollten nachsichtig miteinander sein, das Leben ist beschissen genug“, mit dem Satz habe ich heute eine Kollegin verärgert, die von mir wollte, dass ich Patienteneltern wegen irgendwelcher auch sie nicht ganz überzeugenden Coronavorschriften diszipliniere.

Mit dem Satz im Herzen habe ich eben die verbalen Ausfälle des Großen Fundevogels ohne eigenen Wutanfall überlebt, wenn auch die dringend abzugebenden Hausaufgaben immer noch nicht erledigt sind.

Wir brauchen alle viel Nachsicht in dieser zermürbenden Zeit, sogar jene die in ihrer Sorge und ihrem Regelungswahn vielleicht an der einen oder anderen Stelle zu weit gegangen sind.

Das Leben ist nämlich beschissen genug. Weiterlesen