Goldene Stunden

Nun sind Herbstferien und kaum lassen die täglichen Zwänge nach, wird das Fundevogelnest zum Nachtvogelnest, morgens piepst ewig nichts und abends dauert es um so länger, unser beider Natur ist Schulbeginn und Frühschicht nicht besonders zugetan.

Und weil die Nachtgespenster gerade mal wieder Hochkonjunktur haben, bin ich in ihren Fängen überzeugt, dass unsere Vorhaben für den nächsten Tag sowieso nichts werden wird, dass ich den ewig verweigernden Kleinen Fundevogel gar nicht erst aus dem Bett bekommen werde und wenn das doch gelingen sollte, wir wahrscheinlich gute Gründe für einen schnellen Rückzug haben werden, Alltag, kein Grund deswegen schlecht zu schlafen, kein Schaden wird sein, wenn es so kommt, aber erzählen Sie das mal den Nachtgespenstern.

Wir sitzen dann bestens in der Zeit auf dem Mausbike und radeln Richtung Naturschutzgebiet Höltigbaum, der Kleine Fundevogel ist hellauf begeistert denn aus den Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar, genau wie in dem Lied, die überall weidenden Gallowayrinder gucken nur mit Kopf aus den Wolken.

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34 Jahre später (ABC-Etüde)

Es gießt Bindfäden, vielleicht fällt deshalb die Fröhlichkeit der zehn nicht mehr ganz jungen regenbeschirmten Frauen so vielen auf. 

Die elfte bin ich, stehe da wie eine Hausherrin, die ihre Gäste erwartet, arbeite noch immer dort, wo wir unsere Examen als Kinderkrankenschwestern ablegten, ein leider verschwundener Ausbildungsgang, 2023 wirst du Pflegefachkraft, vielleicht mit Vertiefung Pädiatrie.

Das Krankenhaus, heute ein Maximalversorger, war damals ein Krankenhäuschen, pittoresk mit Nonnenkloster und Bauernhof.

Unser erstes eigenes Zuhause, das Schülerinnenwohnheim, ist längst abgerissen. Nächtelang quatschten wir, Frühschicht oder nicht, bis die Hausmeisterinnennonne im Flur erschien, in alttestamentarischen Zorn, aber ohne Gebiss. Anderntags setzte sie sich gern mit vor den Fernseher, denn das hatte sie in der Klausur nicht. 

Wer einen persönlichen Anruf bekam, hauchte hektisch ich rufe dich gleich zurück in den Hörer des Flurtelefons und joggte zur öffentlichen Telefonzelle..

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Häusliche Pflege (ABC-Etüde)

Du gehst freiwillig zum Schramm?

Jeanette verdreht die Augen: Ein grober Klotz, nichts kannst du dem recht machen, nichts! Soll Lehrer gewesen sein, also in dem seiner Klasse hätte ich nicht sitzen mögen. Kein Wunder, dass seine Töchter jeder, die ein paar Wochen mit ihm durchhält, das Trinkgeld vorn und hinten zustecken.

Amal mag schwierige Fälle, die meisten jungen Pflegerinnen lassen sich viel zu schnell verunsichern, sie wird diesen Haudegen zu nehmen wissen, sie nimmt grundsätzlich nichts persönlich, ihre Freundlichkeit ist unerschütterlich und sie wird hoffentlich einige dieser legendären Trinkgelder einheimsen können. Für Rheem, den Flug, das Visum, die Bestechungsgelder.

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